Szenerie auf dem Deck

Die Aufbauten auf dem Deck geben uns Einblick in den Umgang der Kinder mit der realen Umwelt. Wie eignen sich die Kinder ihre Welt an? Wie setzen sie diese Wirklichkeit konkret mit Bauelementen auf dem Deck um? Viele Bauelemente lassen ihre Bedeutung nicht erkennen. In Kurzinterviews lassen sich die Vorstellungen der Kinder weitgehend erschliessen. Die Spannweite der Repräsentationsformen reicht von realitätsnah bis fantastisch. Der Realitätsbezug ist unterschiedlich und vielfältig.

«Aber ich werde nie vergessen, was mir die Dinge beigebracht haben.»
Pier Paolo Pasolini

Einleitung: Die individuelle Aneignung der Welt

Die selber geschaffenen Bauelemente verkörpern innere Bilder und Vorstellungen der Kinder. Die dreidimensionalen Körper sind ausserdem auch Träger von Wünschen und Fantasien, von Deutungen und Interpretationen und von Ordnungsversuchen.

Indem sich das Kind handelnd auf einer materiell-symbolischen Ebene mit seinen Vorstellungen auseinandersetzt, erschafft es sich seine Wirklichkeit. Becker beschreibt diesen Vorgang wie folgt: «Vielmehr wird die Welt für den Menschen und insbesondere für das Kind erst konstituiert durch die Art, wie wir uns ihr zuwenden, wie wir sie anschauen, definieren, beschreiben, wie wir uns mit wachen Sinnen mit ihr auseinandersetzen» (Becker 2003, 149). Das Zitat betont die Tatsache einer individuellen Verarbeitung. Dem Kind sollen Möglichkeiten geboten werden, seine eigenen Symbole zu erschaffen, welche wiederum seine Realität repräsentieren. Nicht das Allgemeine der Wirklichkeit soll abgebildet werden, sondern der subjektive Zugang zur Wirklichkeit. Nicht die Vollständigkeit der Abbildung ist das Ziel, sondern die Annäherung an sie in kleinen Schritten. Die Eindrücke der realen Welt und die eigenen Fantasiebilder können in unterschiedlichen Formen nach- und umgebildet werden. Oerter nennt diesen Umbildungsprozess Vergegenständlichung. Nebst materiellen Ausdrucksformen können dies auch Fantasie- und Rollenspiele, Tanz und Konstruktionsspiele sein (vgl. Oerter 1999, 68). Bei materiellen Umsetzungen wandeln die Kinder die Produkte unmittelbar in ein Spielobjekt um. Häufig wird auch schon während des Herstellungsprozesses gespielt. Das Tun-als-ob mit Spielgegenständen hat in der Entwicklung des Kindes eine wichtige Bedeutung. Im Spiel selber können die Gegenstände umgedeutet werden und sie können neue Aufgaben und Funktionen übernehmen. Kinder sind sehr frei im Umgang mit verschiedenen Ausdrucksformen, sie wechseln zwischen zweckfreien Handlungen, inhaltlich gesteuerten oder strukturierenden Tätigkeiten (vgl. Müller 2004, 72).

In Kinderzeichnungen können mit zunehmendem Alter der Kinder Entwicklungen hin zu einem visuellen Realismus festgestellt werden. Beim plastischen Modellieren zeichnet Becker ebenfalls eine solche Entwicklungslinie nach. In der Kunst wird die stärkste Form der Abbildung von Wirklichkeit als Naturalismus bezeichnet; Realismus bedeutet hier die Orientierung an den Gegebenheiten der Wirklichkeit. Letztendlich ist jedes Bild, sei es noch so perfekt naturalistisch gemalt oder gezeichnet, doch ein Abbild des subjektiven Bildes, das der Erzeugerin, dem Erzeuger von der Wirklichkeit vorschwebt.

Wann ist ein Schiff ein Schiff? Dreidimensionales funktionales Gestalten mit vier- bis achtjährigen Kindern.

Ein Projekt der Pädagogischen Hochschule Bern, des Schweizerischen Werkbundes SWB und des Schulverlags.

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